Johann Schoiswohl beschäftigt sich mit dem Umgang mit der eigenen kollektiven Geschichte. Fotos spielen als Dokumente der Vergangenheit eine besondere Rolle bei der Konstitution von Geschichtsbildern. In Nichts gesehen! rücken private Fotografien im Kontext des Nationalsozialismus in den Fokus. Ein auf dem Flohmarkt gefundenes Fotoalbum, das eine subjektive Perspektive auf NS-Diktatur und Nachkriegszeit präsentiert, ist Ausgangpunkt der Diaprojektion. Viele der Fotos im Familienalbum waren jedoch verschwunden, aus den Fotoecken entfernt oder herausgerissen. Oft blieb eine Bildunterschrift übrig, die das Motiv noch erahnen lässt. Schoiswohl interessiert sich gerade für diese Leerstellen der Geschichte. Er fotografiert die Platzhalter ab und erzeugt damit ein Bild vom Nicht-Bild, das Assoziationen mobilisiert – an den Krieg, an ein verbrecherisches Regime, aber auch an die banalen Alltäglichkeiten im autoritären Staat. Indem gerade nicht die üblichen historischen Aufnahmen gezeigt werden, entzieht sich die Projektion einem Täterblick. Vielmehr werden die Betrachter/innen aufgefordert, die eigenen Geschichts-Bilder zu hinterfragen. Nichts gesehen! nimmt auch Anstoß an den Stellen im System, wo vermeintlich weggeschaut wurde, um die eigene Schuld zu dementieren und das Leugnen des (Erinnerungs-)Bildes als Verdrängung von Schmerzhaftem fungiert. Ausgehend von persönlicher Geschichte und Fiktionalisierung von Spuren und Indizien der Vergangenheit, zeigen die Arbeiten gleichzeitig einen anderen Umgang mit Geschichte. Johann Schoiswohls Arbeiten betonen, dass der private Blick immer auch ein kollektiver ist (und umgekehrt), der nicht frei von blinden Flecken ist.
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Johann Schoiswohl
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